Roadmap to Hydrogen - DE
Wie gelingt der Übergang zu wasserstoffbasierten Kraftstoffen?
DER WASSERSTOFF-FAHRPLAN
Wie gelingt der Übergang zu wasserstoffbasierten Kraftstoffen?
Der Fahrplan: Inhalt
Was es in diesem Dokument zu entdecken gibt
Herzlich Willkommen in unserem Wasserstoffhandbuch! Seit einigen Jahren sind die unterschiedlichen Bereiche der Wasserstoffwirtschaft ein Schwerpunkt unserer Projektarbeit.
In diesem Handbuch teilen wir einige unserer Erkenntnisse und regen zu Diskussionen zur Zukunft des Wasserstoffs an.
Einführung
Warum Wasserstoff und warum jetzt?
Das Ziel heißt Klimaneutralität. Um es zu erreichen, müssen wir Energie effizienter nutzen und auf nachhaltige Energiequellen umsatteln. Teil der Lösung wird ein größerer Einsatz von Strom aus erneuerbaren Quellen sein. Gleichzeitig steht aber auch fest: Erneuerbarer Strom allein wird den Gesamtenergiebedarf nicht decken können – er ist stellenweise zu teuer, die Versorgungssicherheit ist nicht immer gewährleistet oder Speicherung und Transport sind schlicht technisch nicht umsetzbar.
Und hier kommt Wasserstoff ins Spiel.
Einblick in die Wasserstoffwirtschaft
Im Winter verbrauchen wir mehr Energie als im Sommer. Außerdem nutzen wir Energie zu Zeiten, wenn Sonne und Wind nicht verfügbar sind. Wir müssen also enorme Energiemengen für Zeiten speichern, in denen der Bedarf groß ist. Speicherung und Transport von Strom sind aber nicht nur teuer, sie benötigen vor allem auch viel Platz.
Viele Industrieländer haben nicht die räumlichen Kapazitäten, um all die Erneuerbarenanlagen unterzubringen, die sie zur Deckung der Inlandsnachfrage benötigen. In Zukunft werden sie also grüne Energie aus geografisch günstiger gelegenen Standorten importieren müssen: Regionen, die sowohl Sonne als auch Wind bieten, wie Nordafrika, Patagonien und die Golfregion.
Wird Energie als Gas oder Flüssigstoff transportiert und gelagert, ist dies sehr viel effizienter als der Stromtransport über weite Distanzen – es ist preiswerter und platzsparender. Zudem bietet Wasserstoff hier einen weiteren Vorteil: Er kann beispielsweise aus Erdgas oder grünem Strom produziert und per Pipeline und Schiff weltweit transportiert werden.
Und damit nicht genug: Wasserstoff kann als Basis für die Herstellung anderer Gase, wie synthetischem Methan oder Ammoniak und verschiedener Flüssigkraftstoffe, dienen, die den heute gängigen fossilen Kraftstoffen (wie Benzin, Diesel oder Kerosin) ähneln.
Understanding the economics of hydrogen
Der Übergang zur Wasserstoffwirtschaft ist zum Erreichen der globalen Klimaziele unabdingbar. Daher haben wir dieses Wasserstoffhandbuch erstellt.Länder auf der ganzen Welt möchten die Nachfrage nach kohlenstoffarmem Wasserstoff fördern und den Bedarf decken. Hier ist es wichtig, die Hauptantriebsfaktoren und Mechanismen zu kennen. Die sieben Kapitel dieses Handbuchs beschäftigen sich mit den zentralen Aspekten des Übergangs zur Wasserstoffwirtschaft: vom Business Case über politische Fördermechanismen bis hin zum Weltmarkt.
Siehe Abbildung auf der nächsten Seite
Die bunte Welt des Wasserstoffs
Produktionsmethoden
Fangen wir ganz vorne an: Wie genau wird Wasserstoff produziert?
Es gibt verschiedene Herstellungsverfahren, die abhängig von den zur Herstellung genutzten Energieträgern und Technologien einen anderen Farbcode tragen.
So wird Wasserstoff im Allgemeinen als "grün" bezeichnet, wenn er mit erneuerbarem Strom per Elektrolyse hergestellt wird. „Grauer“ Wasserstoff hingegen entsteht durch Dampfreformierung aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas.
Zwar wird mit allen Methoden Wasserstoff als Endprodukt produziert, doch unterscheiden sie sich zum Teil erheblich voneinander: Zum einen variieren die Kosten enorm und je nach Land gibt es unterschiedliche Voraussetzungen – z.B. was die Verfügbarkeit von Rohstoffen angeht. Auch die politische Akzeptanz ist mitunter sehr unterschiedlich.
Was bedeutet das für zukünftige Wasserstoffstrategien?
Angesichts der verschiedenen “Farben“ gilt es, zu Beginn einige Schlüsselfragen zu beantworten:
- Wann könnte die jeweilige Methode technologisch und kommerziell verfügbar sein?
- Sollten bestimmte Methoden aufgrund ihres CO2-Fußabdrucks oder wegen Sicherheitsbedenken ausscheiden (z.B. Wasserstoff aus Atomstrom)
- Wie werden verschiedene Technologien in verschiedenen Ländern wahrgenommen – z.B. hinsichtlich nationaler Verfügbarkeiten von Rohstoffen wie Erdgas?
- Sollte es ein Level Playing Field – einen „Markt für alle Farben“ – geben, oder sollten Regierungen spezifische Technologien wie grünen Wasserstoff aus ökologischen Gründen fördern?
Die Antworten auf diese Fragen bildet die Grundlage dafür, wie der Fahrplan der zukünftigen Wasserstoffstrategie aussehen wird.
Der Business Case für Wasserstoff
Kosten und Erlöse
Um wohlüberlegte Entscheidungen zur Zukunft von Produktion und Verbrauch treffen zu können, müssen Investoren und politische Entscheidungsträger zunächst einmal den Business Case für Wasserstoff verstehen. In jedem Business Case gibt es zwei Seiten zu berücksichtigen: Kosten und Erlöse.
Kosten
Die Produktionskosten für Wasserstoff hängen von mehreren Faktoren ab, die sich grob in Technologie, Standort, Skalierung und Regulierung unterteilen lassen.
- Technologie: Einige Produktionstechnologien sind gut etabliert. Hierfür sind die zukünftigen Kosten recht gut einschätzbar. Anders sieht es jedoch bei Technologien aus, die noch weniger ausgereift und daher mit größerer Unsicherheit behaftet sind.
- Standort: Die Kosten für Strom, Transport und Kapital hängen davon ab, wo die Produktion stattfindet. Ebenso hängen die Kosten einer Kohlenstoffquelle, sollte eine Umwandlung in andere synthetische Brenn- und Kraftstoffe geplant sein, von den örtlichen Gegebenheiten ab.
- Skalierung: Die Gesamtkonzeption der Anlage und ihre Integration wirken sich auf den Business Case aus – in welchem Umfang sind Skalenerträge möglich?
- Regulierung: Der lokale Regulierungsrahmen (z.B. Steuern und Netzentgelte) beeinflussen sowohl Produktionskosten als auch die Zahlungsbereitschaft der Kunden.
Erlöse
Die Mindesterträge, die Wasserstoffprodukte auf dem Markt erzielen können, werden durch die Preise „grauer“ Brenn- und Kraftstoffe bestimmt – hinzu kommen die Kosten für CO2 -Emissionszertifikate, sofern anwendbar.
Höhere Erträge sind möglich, wenn eine Zahlungsbereitschaft für den grünen Wert des Wasserstoffs besteht. Gründe für eine höhere Zahlungsbereitschaft können sein:
- Freiwillige Maßnahmen: Unternehmen oder Industriezweige, die ihre CO2-Emissionen aus Gründen der Markenbildung senken möchten.
- Regulatorische Erfordernisse: Mindestquoten für Wasserstoffprodukte oder Steuern bzw. CO2-Preise auf emissionsintensivere Formen der Energiegewinnung.
Außerdem können Erlöse aus Nebenprodukten (wie Sauerstoff und Wärme) oder aus Nebenleistungen (wie mehr Flexibilität im Strommarkt) generiert werden.
Der Regulierungsrahmen spielt also bei der Ertragsberechnung eine zentrale Rolle. So kann beispielsweise synthetisches Methanol für Straßentransport, Schifffahrt und Industrie genutzt werden. Da der Regulierungsrahmen für die Nutzung von synthetischem Methanol zwischen diesen Sektoren jedoch unterschiedlich ist, dürfte sich dies auch in der Höhe der Erträge widerspiegeln.
Staatliche Förderung
Frühzeitiger Aufbau eines Marktes für erneuerbaren Wasserstoff
Die Herstellung von CO2-armem Wasserstoff ist aktuell teurer als die der CO2-intensiven Brenn- und Kraftstoffe, die er ersetzen soll. Um hier einen Markt zu schaffen, ist staatliche Förderung nötig.
Blicken wir nun auf die Schlüsselfaktoren zur Ausgestaltung eines Förderprogramms für kohlenstoffarmen Wasserstoff.
Wo muss Marktversagen angegangen werden?
- Kostendifferenz: Aktuell gibt es keine effektiven Kohlenstoffpreise, die Einsparungen von CO2-Emissionen vollständig vergüten. Entsprechend kann kohlenstoffarmer Wasserstoff nicht mit CO2-intensiven Alternativen konkurrieren. Ähnlich sieht es bei anderen kohlenstoffarmen Technologien, wie erneuerbarem Strom und Biomethan, aus.
- Geringe Substituierbarkeit und das Henne-Ei-Problem: Selbst wenn eine Einheit Wasserstoff dasselbe kosten würde wie die vergleichbare Einheit Methan, gibt es weitere Markthindernisse zu überwinden: In den meisten Fällen ist Wasserstoff kein direktes Substitut für fossile Brenn- und Kraftstoffe. Der Wechsel zu Wasserstoff wäre für viele Endverbraucher kostspielig und risikoreich, beispielsweise bei der Installation neuer Geräte. Hier unterscheidet sich Wasserstoff von anderen CO2-armen Innovationen (wie EE-Strom). Es besteht die Gefahr, dass ein Investor eine Anlage für grünen Wasserstoff baut und dann feststellt, dass es aufgrund fehlender oder verspäteter politischer Förderung keine Nachfrage gibt. Oder dass ein Industriekunde seine Anlage für die Verwendung von Wasserstoff umrüstet, aber keinen verlässlichen Anbieter für grünen Wasserstoff findet, da es von Seiten der Politik keine Investitionsförderung gibt. Somit steht jeder Marktteilnehmer, der eine Investitionsentscheidung auf einer Stufe der Wertschöpfungskette trifft, einem politischen Risiko gegenüber. Für Investoren sind diese Hindernisse sehr schwer zu bewältigen.
- Technologische Unreife: Wichtige Teile der Wasserstoffwertschöpfungskette sind technisch unausgereift. Das gilt unter anderem für Carbon Capture and Storage (CSS) für blauen Wasserstoff sowie die Elektrolyse für grünen Wasserstoff. Infolgedessen tragen Wasserstoffprojekte die hohen Risiken der ersten „Investitionsgeneration“. Es bedeutet aber auch, dass die Kosten im Zeitverlauf gegenüber dem heutigen Niveau sinken dürften.
- Koordinierung der Infrastruktur: Die Wasserstoffwertschöpfungskette umfasst zahlreiche Stufen: Produktion, Transport und Speicherung sowie in einigen Fällen auch Transport und Speicherung von CO2. Da der Großteil der Infrastruktur noch nicht ausreichend etabliert ist, ist die Koordinierung zusätzlich komplex und die Ausgestaltung der Fördermechanismen muss aufeinander abgestimmt erfolgen.
Längerfristig gilt es, auch verhaltensbedingte Hindernisse für die Verwendung von CO2-armem Wasserstoff zu berücksichtigen, z.B. beim privaten Heizen. Die meisten Menschen tendieren dazu, bei Altbekanntem zu bleiben anstatt auf neue Produkte umzusteigen. Möchte man mehr Menschen dazu bewegen, mit Wasserstoff zu heizen, wären also Informationskampagnen nötig. Ähnlich war es vor rund 50 Jahren, als Erdgas eingeführt wurde.
Welche Fördermöglichkeiten gibt es?
Langfristig sollte ein effektive gesamtwirtschaftlicher CO2-Preis die schädlichen Auswirkungen von CO2-Emissionen internalisieren, damit Anreize für eine effiziente Dekarbonisierung geschaffen und der Wettbewerb zwischen kohlenstoffarmen Technologien gefördert wird.
Wie aber lassen sich Erstinvestitionen in Gang bringen?
Aus unserer Arbeit für Regierungen und Investoren wissen wir, dass es vier Hauptinterventionen gibt, die zeitnah einen ersten Wasserstoffmarkt ermöglichen können. Die Tabelle zeigt diese vier Kategorien und stellt jeweils ein Anwendungsbeispiel vor.
Ziel
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Fördermechanismus
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Beispiel
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Wann würde es gut funktionieren?
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Kohlenstoffpreis
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Steuer oder Zertifikatehandel
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Ein Kohlenstoffpreis kann die Wettbewerbsfähigkeit von kohlenstoffarmen Optionen mit fossilen Alternativen ermöglichen
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Kohlenstoffbepreisung würde dort gut funktionieren, wo es einen etablierten und liquiden CO2-Markt und stabile politische Rahmenbedingungen gibt. Entsprechend ist dies eher eine langfristige Option.
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Erzeugersubvention
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Laufende vertragliche Produktionssubvention
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Eine laufende Subvention zur Aufstockung der Einnahmen, die es dem Hersteller ermöglicht, den kohlenstoffarmen Wasserstoff zu einem Preis zu verkaufen, der mit dem des etablierten Kraftstoffs konkurrieren kann. Sie wird in Form eines festen Betrags pro produzierter Einheit (Prämie) oder als Aufstockung auf ein vereinbartes Niveau (Modell zur Stabilisierung der Einnahmen, z. B. Contract for Differences (CfD)) gewährt.
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Erzeugersubventionen können einen Beitrag zur Kontrolle des Nachfragerisikos und des politischen Risikos für Investoren bieten. Zudem können sie zu Beginn der Entwicklungsphase von Pilotprojekten besonders hilfreich sein. Diese Art von Subvention ist mitunter jedoch komplex. Das gilt insbesondere dann, wenn es mehrere Endverbrauchssektoren mit unterschiedlichen Kosten und etablierten Brenn- und Kraftstoffen gibt.
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Subvention an Endverbraucher
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Prämie pro eingesparter Einheit
Prämie pro konsumierter Einheit
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Verbraucher erhalten einen Zuschuss, um den Wert des Kohlenstoffpreises zu erhöhen. Dies geschieht entweder in Form eines Kohlenstoff-CfD oder eines Aufschlags auf den Kohlenstoffpreis.
Für jede verbrauchte Wasserstoffeinheit erhalten die Endverbraucher einen laufenden Zuschuss.
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Subventionen für Endverbraucher tragen dazu bei, die Nachfrage anzukurbeln, haben aber keinen Effekt auf die Angebotsseite, da Investoren weiterhin dem politischen und dem Nachfragerisiko ausgesetzt sind. Es ist auch schwierig, Subventionen nach der Laufzeit der Produktionssubventionen zu differenzieren oder Subventionen für später getätigte Produktionsinvestitionen zu kürzen.
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Verpflichtung
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Handelbare Verpflichtung
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Mittels einer handelbaren Verpflichtung wird Akteuren außerhalb des Wasserstoffproduktionssektors (z. B. Kraftstofflieferanten oder Endverbrauchern) auferlegt, eine bestimmte Menge Wasserstoff zu liefern oder zu verbrauchen.
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Verpflichtungen funktionieren voraussichtlich am besten in einem etablierten und liquiden Vertriebsmarkt. Für die Investoren besteht jedoch das Risiko, dass wichtigste Parameter der Verpflichtungen in Zukunft von den politischen Entscheidungsträgern geändert werden.
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Also…wie fördert man Wasserstoff bestmöglich?
Es kommt darauf an. Wir haben diese Möglichkeiten im Kontext der Entstehung eines Marktes für Wasserstoff in Großbritannien betrachtet. Hier sind Erstinvestitionen mit hohem Risiko erforderlich und es gibt spezifische Zielsektoren für die Nutzung (Hauptsächlich in der Industrie). Unter diesen Bedingungen stellen wir fest, dass die beste Fördermöglichkeit in naher Zukunft wahrscheinlich ein vertragliches Subventionsprogramm für Produzenten sein dürfte, kombiniert mit Förderprogrammen, die Wechselanreize für Verbraucher setzen.
In anderen Zusammenhängen jedoch, in denen der Schwerpunkt auf dem Ankurbeln der Nachfrage liegt, dürfte ein Förderprogramm auf Seite der Endnutzer besser funktionieren. In Deutschland beabsichtigt man, Carbon Contracts for Differences ((CO2-Differenzverträge, CCfDs) für energieintensive Industrieunternehmen einzuführen. Die Idee ist, dass die CCfDs der Nachfrageseite eine verlässliche Investitionsbasis bieten und es gleichzeitig Anreize gibt, Zielvorgaben zur CO2-Reduktion zu erfüllen. Wird die Nachfrage nach Wasserstoff stabiler, dürfte dies auch angebotsseitig einen positiven Effekt haben. Weitere Maßnahmen, die dazu beitragen können, die Nachfrage anzukurbeln und die Wasserstoffproduktion in naher Zukunft investitionsfähig zu machen, sind:
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Beimischung ins Erdgasnetz: Hier könnte sich während des Anlaufs der Wasserstoffproduktion eine stabile Nachfragequelle ergeben. Investoren könnten dadurch mehr Nachfragesicherheit erhalten und für Kunden gäbe es weniger Lieferunterbrechungen. Damit es sich lohnt, sollte die Beimischung zeitnah erfolgen und offene Fragen, wie etwa die Abrechnung, müssen zügig beantwortet werden.
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Speicherung prüfen: Die Rolle der Speicherung sowie die geeignetste Speichermethode müssen noch näher untersucht werden. Beides dürfte neben der Erdgasbeimischung einen wichtigen Beitrag zur weiteren Senkung der Nachfragerisiken leisten.
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Standards einführen: Wenn Gasturbinen und -kessel standardmäßig auch auf Wasserstoff ausgelegt sein müssen, wäre das Risiko geringer, dass sie zu verlorenen Investitionen werden könnten. Gleichzeitig würde unmittelbar ein Markt für Wasserstoff entstehen.
Wasserstoff infrastruktur
Übergang zu neuen Systemen
Um zur Dekarbonisierung beizutragen, muss Wasserstoff vom Ort der Erzeugung zum Ort des Verbrauchs transportiert werden.
Heute geschieht dies über eine Kombination von Straßen- und Pipelinetransport, darunter auch Verbindungen zwischen einigen wenigen nah beieinander liegenden Produzenten und Industriekunden (z.B. in Belgien und den Niederlanden).
Soll aber ein Wasserstoffmarkt auf nationaler oder europäischer Ebene geschaffen werden, erfordert dies deutlich mehr Infrastruktur. Wahrscheinlich wird es eine Mischung geben aus:
- Vermischung von Wasserstoff und Erdgas in der bestehenden Infrastruktur.
- Umnutzung bestehender Erdgasinfrastrukturen für die Nutzung von Wasserstoff.
- Aufbau einer neuen, speziellen Wasserstoffinfrastruktur.
Diese Ansätze könnten gleichzeitig eingeführt werden. Alternativ könnten sich einige Regionen dafür entscheiden, Wasserstoff in einem ersten Schritt in bestehende Infrastruktur beizumischen, bevor eine dedizierte Wasserstoffinfrastruktur aufgebaut wird.
Unabhängig vom gewählten Ansatz ergeben sich zwei wichtige Herausforderungen:
- Der kommerzielle Rahmen für Wasserstoff: Bestehende Infrastruktur muss effizient genutzt werden und das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage gewahrt werden (sowohl im gesamten Gasmarkt als auch in bestimmten Teilen des Netzes).
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Regulierung der Wasserstoffinfrastruktur: Es gilt sicherzustellen, dass die richtigen Pipelines an den richtigen Standorten beliefert werden, und dass alle Akteure notwendigen Netzzugang erhalten, um eine kosteneffiziente Wasserstoffversorgung zu ermöglichen.
Herausforderung 1: Kommerzieller Rahmen
Der kommerzielle Rahmen für eine dedizierte Wasserstoffinfrastruktur könnte sich größtenteils entlang der heute für Erdgas bestehenden Richtlinien bewegen. Die Beimischung bringt jedoch besondere Herausforderungen mit sich:
- Wie stellt man sicher, dass das Wasserstoffgemisch innerhalb der Beimischungsgrenze bleibt?
- Wie lassen sich spezifische Anforderungen verschiedener Nachfrager an die Gasqualität sicherstellen, beispielsweise der Anschluss einer Erdgastankstelle?
- Wie lässt sich sicherstellen, dass das Beimischen keine Lock-in Effekte hat, die verhindern, dass Erdgas langfristig vollständig durch CO2-neutrale Energien ersetzt wird?
- Wie findet man die Balance zwischen den Vorteilen des grenzüberschreitenden Handels von Gas(-gemischen) und der Erfordernis, die richtige Qualität inländischer Gasversorgung sicherzustellen?
Es gibt sieben Elemente des kommerziellen Rahmens, die unabhängig vom Verkehrskonzept berücksichtigt werden müssen:
Die Zusammenfassung der Kernaussagen der jeweiligen Kapitel finden Sie hier:
Mittel
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Überlegungen
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Handelsregelungen
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Es müssen Regelungen für den Energiehandel und den Ausgleich von Ungleichgewichten getroffen werden.
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Anschlüsse
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Es wird eine Regelung benötigt, die den Anschluss von Wasserstofferzeugungsanlagen ermöglicht.
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Einspeisung
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Die Einspeisung von Wasserstoff in das Netz („dispatch“) muss sowohl in einem wasserstoffspezifischen Netz als auch in einem gemischten System geregelt werden. In einem gemischten System muss sichergestellt werden, dass der maximale Beimischungsanteil zu keinem Zeitpunkt überschritten wird.
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Anlagenbetrieb
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Für den Anlagenbetrieb ist eine Regelung erforderlich, die sowohl in einem wasserstoffspezifischen Netz als auch in einem gemischten System ein Höchstmaß an Sicherheit, Zuverlässigkeit und Effizienz der Dienste gewährleistet. Ein gemischtes System erfordert Anlagen, die in der Lage sind, die Wechselwirkung mit anderen Gaseinspeisungen und großen Lasten zu bewältigen.
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Netzentgelte (einschließlich Anschlussgebühren)
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Transportänderungen (Einspeisung und Ausspeisung) müssen die Wasserstoffeinspeisepunkte und -flüsse berücksichtigen.
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Schrumpfung
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Es ist eine Regelung erforderlich für die Beschaffung von Wasserstoff, das im Transportnetz verloren geht ("Schwund"). Bei der Messung des Schwundgases müssen der Heizwert der Wasserstoffeinspeisungen und die möglicherweise unterschiedlichen Schwundeigenschaften berücksichtigt werden.
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Fakturierung
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Ein wasserstoffspezifisches Netz wie auch ein gemischtes System erfordern eine geregelte Fakturierung, um die Transportnetzkosten an die Kunden weiterzugeben. In einem gemischten Wasserstoffsystem muss die Abrechnung möglicherweise angepasst werden, um den unterschiedlichen Heizwert an verschiedenen Netzpunkten zu berücksichtigen.
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Herausforderung 2: Infrastrukturregulierung
Regulierung beruht auf zwei Grundaspekten:
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Anreize schaffen für das richtige Niveau von Wasserstoffinfrastruktur zur richtigen Zeit, am richtigen Ort und den geringsten Kosten.
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Wettbewerb ermöglichen in der Produktion, im Handel und Verkauf von Wasserstoff durch Zusicherung uneingeschränkten Zugangs zur Wasserstoffinfrastruktur.
Die EU-Regulierung im Erdgas- und Strommarkt war hinsichtlich des zweiten Punktes sehr erfolgreich und es gibt gute Gründe, diesen bewährten Regulierungsrahmen auf die Wasserstoffinfrastruktur zu übertragen.
Allerdings ist die Ausgangslage beim Wasserstoff aber eine andere als bei Strom und Gas. Der Großteil der Strom- und Gasinfrastruktur war zum Zeitpunkt der Regulierungseinführung Ende der 1990er bereits gebaut, d.h. anders als heute wurde der Regulierungsrahmen nicht gesetzt, um Anreize zur Entwicklung einer neuen Infrastruktur zu schaffen.
Tatsächlich wurden seit Einführung der Regulierung viele der wichtigsten Investitionen unter regulatorischer Ausnahmegenehmigung getätigt, d.h. Investoren mussten nachweisen, dass sie die Investitionen nicht tätigen würden, wenn sie nicht von der Regulierung ausgenommen wären.
Im Gegensatz dazu muss die in Zukunft benötigte Wasserstoffinfrastruktur erst einmal gebaut oder umgebaut werden, was vorab beträchtliche Investitionskosten mit sich bringt.
Sollte der Regulierungsrahmen dem von Gas und Strom ähneln, so wird die Finanzierung schwer zu gewährleisten sein. Wenn Netzbetreiber nur Geld über die Entgelte der Wasserstoffkunden verdienen können, wird es in der Bauphase, wenn überhaupt, nur wenige Nutzer geben. Ein anschließender Kundenanstieg wäre ebenso unsicher. Hinzu kämen asymmetrische Risiken, die für Investoren durch Tarifregulierung und der Beschränkung von Langfristkapazitäten entstünden.
Es bieten sich mehrere Möglichkeiten, diese Herausforderung zu bewältigen. Jedoch müssen alle Überlegungen im Kontext mit staatlicher Unterstützung in Kapitel 3 diskutiert werden. Sollten Subventionen erforderlich sein, bieten sich folgende Optionen an:
- Direkte staatliche Finanzierung zur Förderung von Infrastrukturinvestitionen – wobei dies eine Abkehr von der üblichen Praxis bedeuten und knifflige Beihilfefragen mit sich bringen würde.
- Quersubventionierung von Vorfinanzierungen durch die Netzbetreiber ermöglichen, d.h. sie nutzen Einnahmen aus den Netzentgelten von Erdgaskunden, um dem Risiko einer begrenzten Anzahl von Wasserstoffkunden in der Anlaufphase zu begegnen. Dies würde jedoch vom Ideal der Kostenreflexion abweichen und kontroverse Verteilungsfragen mit sich bringen (z.B. warum ein kleiner lokaler Erdgasverbraucher für die Wasserstoffinfrastruktur großer Industrieverbraucher zahlen sollte).
- Schrittweise Einführung regulatorischer Elemente, bei denen stärkere regulatorische Interventionen (z.B. Tarifregulierung) erst nach längerer Zeit und einem höheren Reifegrad der Wasserstoffinfrastruktur aktiviert werden – allerdings bedeutet dies regulatorische Unsicherheit für Investoren.
- Möglichkeiten für Investoren schaffen, während des Baus oder Umbaus spezieller Wasserstoffinfrastruktur zeitweise von der Regulierung ausgenommen zu werden. Dies würde die asymmetrischen Risiken vermeiden und Investitionssicherheit schaffen, könnte aber auch dazu führen, dass Infrastruktur erst spät unter die Regulierung fällt, wenn die meisten Investitionen eine 20-jährige Ausnahme von der Regulierung erhalten.
Der Weltmarkt
Wie der Handel mit grünem Wasserstoff funktioniert
GLOBALER HANDEL MIT GRÜNEM WASSERSTOFF WIRD EINE BEDEUTENDE ROLLE BEIM ERREICHEN DER CO2-REDUKTIONSZIELE SPIELEN. NUR IN EINEM GLOBALEN MARKT KANN DIE NACHFRAGE BEDIENT WERDEN.
Im Jahr 2050 könnte die Nachfrage nach Wasserstoff und anderen synthetischen Kraftstoffen (sogenannte Power-to-X-Produkte) bei jährlich 20.000 TWh oder mehr liegen. Der internationale Handel ist wichtig, um diesem Bedarf – der insbesondere in Asien und Europa sehr hoch sein dürfte - gerecht zu werden und dabei kosteneffizient zu bleiben.
Länder mit besonders hohem Wasserstoffproduktionspotenzial sind auf der ganzen Welt zu finden, von Südamerika bis Australien. Viele Länder würden in einem globalen Markt zu neuen Energieexporteuren werden, sodass die weltweite Energieversorgung stärker diversifiziert würde als es heutzutage z.B. bei erdölbasierten Kraftstoffen der Fall ist.
Ein globaler Markt erfordert Handeln in drei wichtigen Bereichen:
1. Internationale Business Cases schaffen
Da Wasserstoff in direkter Konkurrenz zu fossilen „grauen“ Alternativen auf dem Markt steht, ist es unwahrscheinlich, dass Investitionsprojekte ohne zusätzliche Maßnahmen ökonomisch tragfähig werden. Diese Aspekte wurden bereits in Kapitel 3 ausführlich behandelt. Es ist jedoch bwichtig, sich mit länderspezifischen Risiken bei der Projektfinanzierung in Exportländern zu befassen. Hierzu könnten internationale Kooperationen und die Koordinierung entlang der Wertschöpfungskette erforderlich werden.
2. Koordinierte Infrastruktur aufbauen
Die Koordinierung von Infrastrukturinvestitionen zwischen Export- und Importländern ist zwingend erforderlich, um Kompatibilitätsprobleme und Transportengpässe zu vermeiden. Dies gilt für den Schiffstransport ebenso wie für den Pipelinetransport.
Auch gilt es, zeitliche Probleme in Bezug auf Infrastrukturinvestitionen zu lösen – die Umwidmung von Erdgaspipelines ist nur dann möglich, wenn sie nicht mehr für Erdgas benötigt werden. Zudem muss die optimale Größenordnung und Finanzierung erster Infrastrukturinvestitionen festgelegt werden.
3. Ein Zertifikatesystem einführen
Ein Zertifikatesystem ist notwendig, um sicherzustellen, dass importierter Wasserstoff auf Dekarbonisierungs- , bzw. Erneuerbarenziele in den Verbrauchsländern anrechenbar ist.
In einem ersten Schritt müssen sich die Beteiligten auf die zu zertifizierenden Nachhaltigkeitskriterien einigen. Diese könnten sein:
- Grüne Energiequellen
- Zusätzlichkeit der verbrauchten grünen Energie
- Weitere ökologische Kriterien, wie nachhaltige Nutzung von Land und Wasser
- Nachhaltiger Transport zum Zielland
- Soziale Kriterien(z.B. gerechte Löhne).
Sobald die Kriterien feststehen, müssen praktische Fragen gelöst werden – was ist der regionale und zeitliche Rahmen des Zertifikatesystems und welche Beteiligten sind involviert?
Erste Wasserstoffprojekte
Wie wird die erste Investitionswelle ermöglicht?
Nun, da wir wissen, welche Rolle Wasserstoff spielen sollte, müssen wir den Startschuss für die ersten Wasserstoffprojekte geben.
Das bedeutet, dass ein vertraglicher und regulatorischer Rahmen entstehen muss, um erste Wasserstoffprojekte zu ermöglichen. Allerdings ist diese Aufgabe sehr komplex. Folgendes muss beantwortet werden:
-
Energiequellen – Strom (ausschließlich erneuerbarer Strom oder Strommix aus dem Netz) oder Gas (ausschließlich erneuerbares Gas oder Erdgas aus dem Netz).
-
Physikalische Infrastruktur – Für die Inputs, den produzierten Wasserstoff und, im Falle von blauem Wasserstoff, das resultierende CO2.
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Schnittstellen mit dem Energiesystem – Beispielsweise, um Angebot und Nachfrage nach Gas und/oder Strom auszugleichen.
Alle Marktteilnehmer an einem Tisch bringen
Jeder Investitionsentscheidung werden am Ende zahlreiche Stakeholder zustimmen müssen: Produzenten, Lieferanten, Infrastrukturanbieter, Kunden und, zumindest zu Beginn, Regierungen, die staatliche Förderung bereitstellen.
Damit all diese Parteien zusammenarbeiten, müssen bestimmte Vereinbarungen bestehen: Verträge zwischen verschiedenen Stakeholdern, eventuell notwendige Infrastrukturregulierung sowie die Ausgestaltung der öffentlichen Förderung.
Risikoverteilung
Zentrales Element dieser Vereinbarungen wird die Verteilung von Risikensein. Damit frühe Projekte investitionswürdig und bezahlbar sind, ist ein effektives Vorgehen wichtig, auch um die Kapitalkosten in der Entwicklungsphase möglichst gering zu halten.
Aus Investorensicht muss folgenden Hauptrisiken effektiv begegnet werden:
- Entwicklungsphase:
- Koordinierung von verbindlichen Zusagen
- Koordinierung des Betriebsbeginns.
- Betrieblich:
- Rohstoffrisiko
- Nachfragerisiko
- Netzkostenrisiko
- Risiko der Infrastrukturverfügbarkeit
Wenn Sie näheres zu diesen Risiken (und wie ihnen begegnet werden kann) im Zusammenhang mit einem Projekt in Großbritannien erfahren möchten, empfehlen wir unser jüngst mit Dentons veröffentlichtes Thesenpapier.
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